Du hattest es dir so schön vorgestellt: Dir aus der Hand fressen lassen, streicheln, kuscheln und spielen.
Doch dann kommt die Ernüchterung: Dein Kaninchen hat Angst vor dir. Es lässt sich nicht berühren, erstarrt, zittert oder versucht panisch zu flüchten.
Dafür kann es viele Ursachen geben!
Welche Ursachen das sind und mit welchen Maßnahmen und Tricks du Vertrauen schaffen kannst, verraten wir dir hier.
Ursache 1: Schlechte Erfahrungen
Vor allem, wenn du deine Kaninchen aus einer Zoohandlung oder dem Tierheim hast, lassen sich die ersten Erfahrungen der Tiere nicht immer richtig einschätzen.
Vielleicht wurde mit ihnen sehr rabiat umgegangen, sie haben sich nie richtig an Menschen gewöhnt oder wurden sogar durch diese verletzt.
Mit einer derartigen Prägung ist Angst vor dir und anderen Menschen nahezu vorprogrammiert.
Hier bleibt dir nur übrig, deine Fellnasen behutsam und über einen längeren Zeitraum hinweg vom Gegenteil zu überzeugen.
Greife nicht nach den Tieren, beuge dich nicht über sie und nimm sie nicht hoch.
Das Locken mit besonderen Leckerlis, wie Fenchel, Löwenzahn oder einem Stück Apfel ist erlaubt. Allerdings solltest du diese zunächst nur in deiner Nähe platzieren, nachdem du dich ruhig und entspannt neben den Auslauf oder den Käfig gesetzt hast.
Sie direkt aus der Hand zu füttern ist für den Anfang zumindest bei sehr scheuen Tieren zu viel verlangt.
Ursache 2: Keine Fluchtmöglichkeit
Handelsübliche Käfige sind in der Regel deutlich zu klein.
Selbst ein (nicht artgerecht) allein gehaltenes Zwergkaninchen hat darin kaum Platz.
Hier Rückzugsmöglichkeiten zu integrieren ist nicht möglich. Fluchtwege fehlen ohnehin.
Genau diese benötigen die Beutetiere aber, um sich sicher und wohlzufühlen und selbst entscheiden zu können, wann sie sich nähern möchten.
Ideal ist daher ein großer Käfig mit angeschlossenem Zimmergehege und Unterschlupfmöglichkeiten. Diese Aufteilung mit einer möglichen Abtrennung der Bereiche hilft dir auch bei der Reinigung und dem Wechseln der Einstreu.
Ursache 3: Fehlende Gewöhnung
Eines der häufigsten Probleme im Umgang mit Haustieren im Allgemeinen und mit Kaninchen im Besonderen ist fehlende Gewöhnung.
Halte dir am besten vor Augen, was die Tiere gerade durchgemacht haben: Sie wurden (erneut) aus ihrer vertrauten Umgebung gerissen, von bekannten Artgenossen getrennt und müssen sich erst einmal zurechtfinden.
Als rundum informierter Kaninchenhalter planst du also eine Gewöhnung ein!
Du setzt dich dazu, redest ruhig und gehst behutsam mit den Tieren um. Nach einer Woche hat sich noch keine Veränderung eingestellt – was nun?
Ganz einfach: Gewöhnung funktioniert nicht so schnell. Auch auf Menschen geprägte Kaninchen benötigen länger, um wirklich in der neuen Umgebung anzukommen.
Du kannst die Dauer verkürzen, indem du ideale Bedingungen schaffst. Allerdings ist auch das keine Garantie dafür, dass die Kaninchen dich in kürzester Zeit freudig begrüßen.
Und da wir gerade bei der Dauer sind, beschäftigen wir uns beim nächsten Punkt mit einem verwandten Thema, also ließ unbedingt weiter.
Ursache 4: Ungeduld
Nicht nur bei der Eingewöhnung, sondern ebenso in der folgenden Zeit kann Ungeduld dir eher schaden als nutzen.
Lass die Kaninchen zu dir kommen, anstatt auf sie zuzugehen.
Gehe kleinschrittig vor, indem du erst lockst, sie schnuppern, die Tiere Kontakt liegen oder auf dich klettern lässt.
Freu dich über jeden Fortschritt – selbst, wenn er klein ist.
Du kannst den Prozess nicht beschleunigen, indem du Nähe erzwingst. Damit wirst du genau das Gegenteil erreichen.
Sei zudem realistisch bei der „Arbeit“, die du investierst. Viele neue Halter übertreiben dabei etwas und sind aus diesem Grund noch frustrierter. Schließlich haben sie mehr als genug Zeit neben den Tieren verbracht und schon alles versucht.
Doch Hand aufs Herz: Nach Arbeit oder Schule, Schlaf, Essen, Haushalt, Terminen und Freizeit – wie viel Zeit hast du wirklich für die Tiere übrig?
Bei dem vermeintlichen „schon alles versucht“ verhält es sich ebenso.
Es mag dir zunächst so erscheinen, aber in wenigen Wochen vieles auszutesten bedeutet auch, keiner der Methoden ausreichend Zeit zu geben. Bestenfalls erzeugst du dadurch keine Fortschritte.
Schlimmstenfalls überforderst du die Kaninchen komplett und verwirrst sie.
Ursache 5: Du bist laut und hektisch
Oft fällt es uns selbst nicht auf, wenn wir zu laut oder hektisch agieren. Die Kaninchen können sich davon jedoch bedroht fühlen. Vor allem, wenn sie in einem Durchgangsbereich stehen, sind die Tiere gegebenenfalls sehr vielen Reizen ausgesetzt.
Andere Haustiere (wie Katzen) und Familienmitglieder laufen vorbei, spielen, erzeugen Geräusche, streiten sich gegebenenfalls. Trägst du dazu noch bei, sind die Kaninchen im Dauerstress und deutlich anfälliger für ängstliches Verhalten.
Überprüfe daher einmal genau, welchen Reizen die Tiere Tag für Tag ausgesetzt sind.
Versuche dann, ein ruhigeres Umfeld zu schaffen und dich gegebenenfalls entspannter und vorsichtiger zu verhalten.
Ursache 6: Falsches Hochheben
Kaninchen haben einen sehr empfindlichen Bewegungsapparat und sind daher anfällig für Verletzungen und Schmerzen.
Leider werden sie häufig immer noch an den Ohren oder dem Nackenfell hochgehoben. Das erzeugt nicht nur Schmerzen, sondern auch Angst vor Berührungen und Menschen.
Hochgehoben zu werden ist für Kaninchen ohnehin ein Stressfaktor. Denn da es sich um Beutetiere handelt, ist der Verlust des Bodenkontakts beängstigend.
Die Tiere sollten daher erst dann angehoben werden, wenn sie zahm sind und sich problemlos berühren lassen. Schiebe hierfür eine Hand unter den Brustkorb und eine Hand unter den Po. Hierdurch ist eine sichere Stütze gegeben.
Jetzt stellt sich natürlich die Frage, wie du die Lang- oder Kurzohren beispielsweise aus dem Freilauf in den Käfig bewegst oder wie du sie in eine Transportbox setzen sollst, wenn sie zum Tierarzt müssen.
Genau darum geht es im nächsten Punkt.
Ursache 7: Jagen
Eine sehr häufige Ursache für Angst bei den Kaninchen und Unverständnis bei Haltern ist es, wenn die Tiere transportiert, untersucht oder behandelt werden müssen.
Für dich als Halter ist klar, dass sich Hochheben und Kontakt in diesen Fällen nicht vermeiden lassen. Das Resultat ist, dass die Kaninchen gejagt werden. Viele wundern sich dann, warum das Einfangen immer länger dauert, umständlicher wird und die Tiere Angst haben.
Dabei ist das lediglich die logische Folge.
Immerhin wissen die Kaninchen nicht, dass das Einfangen zu ihrem Besten angedacht ist. Es bereitet ihnen lediglich sehr großen Stress und lässt sie instinktiv um ihr Leben fürchten.
Du solltest daher einen schonenderen Weg finden!
Ideal ist es, ihnen eine Alternative anzubieten: Positioniere eine Transportbox in Auslauf oder Käfig und gestalte diese verlockend. Biete besondere Leckerlis für eine Weile ausschließlich in dieser Box an.
Wenn die Kaninchen gelernt haben, dass sie hier etwas Angenehmes erwartet, werden sie schon bald freiwillig und schnell in das Behältnis gehen. Du kannst dann schlicht die Tür schließen und musst weder dir noch den Kaninchen eine Jagd antun.
Ursache 8: Bedrohliche Körpersprache
Oftmals merken Menschen nicht, wenn sie sich aus der Perspektive von Tieren bedrohlich verhalten.
Sich über Kaninchen zu bücken, sie zu drücken oder in die Enge zu jagen geschieht meist unbemerkt und ist nicht böse gemeint.
Davon wird es für deine Stummelschwänze jedoch nicht besser!
Beschäftige dich daher eingehend mit der Körpersprache von Kaninchen. Denn wenn du frühzeitig erkennst, ob sich die Tiere wohlfühlen, Stress haben oder ängstlich sind, kannst du entsprechend agieren.
Dabei lernst du auch, welche deiner Verhaltensweisen welche Reaktionen auslösen.
Ursache 9: Gerüche
Kaninchen haben einen sehr empfindlichen Geruchssinn.
Es ist daher nicht verwunderlich, dass sie ängstlich reagieren, wenn ihnen „etwas in die Nase steigt“. Daher zeigen sie sich etwa ängstlich, wenn du nach Tierarzt beziehungsweise nach Desinfektionsmittel riechst.
Das kann auch auf andere Gerüche zutreffen.
Falls du sonst keine Ursachen für die Ängstlichkeit erkennen kannst, verzichte eine Weile auf Duftstoffe oder wechsle diese.
Tipp: Es kann auch helfen, deine Hände mit Heu abzureiben.
Ursache 10: Krankheiten und Schmerzen
Wenn du alles versucht hast oder deine Kaninchen plötzlich ihr Verhalten ändern, kommen gesundheitliche Probleme infrage: Schmerzen und Krankheiten können mögliche Ursachen sein.
In diesem Fall bleibt dir nur ein Gang zum Tierarzt.
Im Idealfall beobachtest du das Kaninchen sehr genau, um dem Arzt bereits Anhaltspunkte geben zu können. Potenzielle Symptome sind:
- Zähneknirschen
- Apathie
- ein harter, aufgedunsener Bauch
- beschleunigte Atmung bis hin zum Hecheln
- blasse Schleimhäute
Wichtig ist, dass du schnell handelst. Denn die Tiere sind ausgesprochen empfindlich und der Zustand kann sich in kürzester Zeit verschlechtern.